Rechtlicher Schutz

Gewalt gegen Frauen, ob im öffentlichen Raum oder im häuslichen Umfeld, ist in Deutschland strafbar. Wird eine Frau von Gewalt bedroht oder ist sie akuter Gewalt ausgesetzt, gibt es verschiedene rechtliche Schutzmöglichkeiten.

Polizeilicher Schutz

Bei akuter Gefährdung kann die Polizei Schutz und Hilfe bieten. Sie hat die Aufgabe, die Gewalt zu beenden, Betroffene vor Gewalt zu schützen und bei Straftaten zu ermitteln. Die Polizei kann über den Notruf 110 oder über die Telefonnummern der örtlichen Polizeidienststellen gerufen werden. Sie ist verpflichtet, bei Gefahr sofort zu kommen.

Platzverweis bei häuslicher Gewalt

Bei Einsätzen in Fällen von häuslicher Gewalt hat die Polizei in den meisten Bundesländern die Möglichkeit, Gewalttäter aus der Wohnung zu weisen und ihnen ein Rückkehrverbot zu erteilen. Die sogenannten Wegweisungen oder Platzverweise sind in den jeweiligen Polizeigesetzen geregelt.

Darüber hinaus kann die Polizei weitere Schutzmaßnahmen ergreifen, zum Beispiel Aufenthaltsverbote für Orte wie Kindertagesstätte oder den Arbeitsplatz der Frau aussprechen oder den Gewalttäter in Gewahrsam nehmen. Entsprechende Regelungen sind in den Polizeigesetzen und den Handlungsleitfäden der Polizei der Länder festgelegt. Unabhängig von einem Polizeieinsatz können Frauen auch in der Polizeidienststelle Anzeige erstatten, um diese Schutzmaßnahmen anordnen zu lassen.

Ermittlungen der Polizei

Liegt eine strafbare Handlung vor, zum Beispiel Körperverletzung, Nötigung, Vergewaltigung oder Freiheitsentziehung, muss die Polizei ermitteln. Betroffene können aber auch bei jeder Polizeidienststelle Anzeige erstatten. Die Polizei leitet die Ermittlungsergebnisse an die Amts- oder Staatsanwaltschaft weiter, die darüber entscheidet, ob Anklage erhoben wird.

Beratung für betroffene Frauen

Nach Polizeieinsätzen bei häuslicher Gewalt bieten oft Interventionsstellen, Fachberatungsstellen oder Frauenhäuser umgehend Beratung für die gewaltbetroffenen Frauen an. In einigen Bundesländern nehmen sie von sich aus Kontakt zu den misshandelten Frauen auf, sobald sie von der Polizei informiert werden.

Zivilrechtlicher Schutz

Wer Opfer von Gewalt geworden ist, kann neben oder statt eines Strafverfahrens auch zivilrechtliche Schutzmöglichkeiten in Anspruch nehmen. Die Betroffenen können Schutzanordnungen, die Zuweisung der Wohnung, Schadensersatz und Schmerzensgeld, eine gerichtliche Regelung des Sorgerechts für gemeinsame Kinder sowie die Aussetzung oder Beschränkung des Umgangsrechts beantragen.

Gerichtliche Schutzanordnung

Frauen, die von Gewalt oder Stalking betroffen sind, können eine gerichtliche Schutzanordnung nach dem Gewaltschutzgesetz  beantragen. Dabei ist unerheblich, in welcher Beziehung sie zu der gewalttätigen Person stehen. Die gerichtliche Schutzanordnung soll weiteren Gewalttaten vorbeugen und ist oft eine unverzichtbare Maßnahme, um eine akute Gefahrensituation zu beenden. Gewaltbetroffene Frauen können so in Ruhe für ihre Sicherheit sorgen und Unterstützung suchen.

Zu den gerichtlichen Schutzanordnungen gehören insbesondere:

  • Betretungsverbote für die gemeinsame Wohnung
  • Näherungsverbote für die Wohnung
  • Aufenthaltsverbote, zum Beispiel für Arbeitsplatz, Kindergarten/Schule der Kinder
  • Kontaktverbote (telefonisch, persönlich, per SMS, Fax, E- Mail, Social Media, Messenger-Dienste) oder Verbote des Zusammentreffens

Eine wichtige gerichtliche Schutzanordnung ist die Überlassung der gemeinsam genutzten Wohnung. Gewaltbetroffene Frauen haben damit die Möglichkeit, die Wohnung zumindest für eine gewisse Zeit allein zu nutzen.

Gerichtliche Schutzanordnungen werden von Familiengerichten in den zuständigen Amtsgerichten ausgesprochen. Bei der Antragstellung können ärztliche Atteste, Zeugenaussagen, Dokumentation der Polizei über einen Einsatz, Fotos von Verletzungen und von Zerstörungen in der Wohnung, SMS, E-Mails, Messenger-Nachrichten und eigene Aufzeichnungen zu Datum, Zeit, Tatort und Vorfall hilfreich sein.

Schutzanordnungen werden befristet, können aber auf Antrag verlängert werden. Ein Verstoß gegen die gerichtlichen Anordnungen ist strafbar.

Schutz von Kindern

Kinder sind vielfach selbst von häuslicher Gewalt betroffen oder erleben die Misshandlungen gegen die Mutter mit. Da das Miterleben von Gewalt gegen die Mutter eine Kindeswohlgefährdung darstellen kann und nicht ohne negative Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern bleibt, sind hier besondere Maßnahmen erforderlich.

Polizeiliche Maßnahmen zum Schutz von Frauen vor Gewalt wie Wegweisungen, Platzverweise und Betretungsverbote schützen auch die Kinder. Ihre Schutzbelange müssen jedoch besonders berücksichtigt werden.

Vorschriften des Kindschaftsrechts

Zum Schutz der Kinder vor Gewalt durch die Eltern oder andere sorgeberechtigte Personen gelten die Vorschriften des Kindschaftsrechts. In einem Kinderschutzverfahren muss das Familiengericht dafür sorgen, dass eine Kindeswohlgefährdung abgewendet wird. Dazu kann es Ermahnungen und Kontaktverbote aussprechen, das Aufenthaltsbestimmungsrecht oder die elterliche Sorge entziehen sowie einen gewalttätigen Elternteil aus der Wohnung weisen. In einem Kinderschutzverfahren ist das Jugendamt immer am Verfahren zu beteiligen.

Hat ein gewaltausübender Elternteil weiterhin Kontakt zum gemeinsamen Kind, besteht das Risiko, dass es wieder zu Gewalt kommt. Das Familiengericht kann in diesen Fällen einen begleiteten Umgang anordnen oder den Umgang ganz aussetzen.

Gerichtliche Verfahren können auch von Dritten, zum Beispiel von Mitarbeiter*innen der Fachberatungsstellen, oder vom Kind selbst initiiert werden.


WEITERE INFORMATIONEN

Arbeitshilfe zum FamFG bei Vorliegen häuslicher Gewalt, hg. v. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Mai 2011.


PASSENDE MELDUNGEN

Abbildung Zusammenfassung Stellungnahme FHK zu FAmFG

Im Juli 2024 hat das Bundesministerium der Justiz (BMJ) einen Entwurf zu Änderungen des Familienverfahrensrechts mit dem Schwerpunkt des Schutzes bei…

Aktuelles
Abbildung Stellungnahme

Zwei vollendete und ein versuchter Femizid in Berlin - allein in der vergangenen Woche - zeugen von massiven Lücken beim Schutz von Frauen und…

Aktuelles
Abbildung PM

Frauenhauskoordinierung e.V. fordert Gewalthilfegesetz zum Schutz von Frauen & Kindern – Kritik am Gesetzesentwurf von CDU/CSU

Aktuelles
Abbildung Stellungnahme FHK zum 3. Gesetz zur Änderung des Bundesmeldegesetzes

Die Bundesregierung hat nach über einem Jahr den Entwurf zur Änderung des Bundesmeldegesetzes beschlossen, den das Bundesministerium des Innern und…

Aktuelles
FHK Stellungnahme Eckpunkte Sorge- und Umgangsrecht

Frauenhauskoordinierung nimmt Stellung zur vom Ministeriums der Justiz geplanten Reform des Kindschaftsrechts und richtet den Fokus auf…

Aktuelles
Abbildung Offener Brief

Gemeinsam mit über 40 weiteren Organisationen fordert Frauenhauskoordinierung die Bundesregierung auf, sich für Vergewaltigung als Tatbestand im…

Aktuelles
Dokument FHK-Stellungnahme

Frauenhauskoordinierung nimmt Stellung zu den aktuell verhandelten Vorschlägen für eine europäische Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen…

Aktuelles
D. Hecht, Juristin Frauenhauskoordinierung: "Art.31 der Istanbul-Konvention verpflichtet auch Deutschland dazu,Partnerschaftsgewalt bei Sorge- und Umgangsentscheidungen zu berücksichtigen. Darüber setzen sich deutsche Familiengerichte regelmäßig hinweg, wenn sie den Kontaktanspruch des Täters höher bewerten als die Sicherheit von Frauen & Kindern. Über solche erzwungenen Kontakte können Gewalttäter ihre Kontrolle und Gewalt ungehindert fortsetzen - im Schlimmstfall bis zur tödlichen Eskalation."

Auf der 53. Sitzung des UN Menschenrechtsrats stellte Reem Alsalem, UN-Sonderberichterstatterin zu Gewalt gegen Frauen und Mädchen, den Bericht…

Aktuelles

Frauenhauskoordinierung (FHK) nimmt Stellung zu den im April 2023 vorgelegten Eckpunkten für ein Gesetz gegen digitale Gewalt und identifiziert…

Aktuelles

Bündnis Istanbul-Konvention fordert Maßnahmen der Bundesregierung

Aktuelles