Frauenhauskoordinierung e.V. (FHK) kritisiert insbesondere den zunehmenden Fokus auf strafrechtliche und hochschwellige Maßnahmen. Um Deutschlands internationalen Verpflichtungen gerecht zu werden, fordert FHK dringend eine zeitnahe Verabschiedung des versprochenen Gewalthilfegesetzes sowie umfassende Investitionen in Prävention und Gewaltschutz.
Der oben genannte Gesetzesentwurf – veröffentlicht am 02.07.2024 – soll u.a. ein weiteres Mordmerkmal („Ausnutzung der körperlichen Überlegenheit“) sowie eine sog. elektronische Fußfessel eingefühen. Der Vorschlag geht unseres Erachtens an den aktuellen Bedarfen und Debatten zum Schutz von Frauen vor Gewalt vorbei.
Maßnahmen im Strafrecht ineffektiv und zu spät
Maßnahmen zu ergreifen, um Femizide zu verhindern ist dringend geboten, da jedoch die schon vorhandenen Mordmerkmale diese bisher nicht verhindern und zu einer angemessenen Bestrafung führen, hilft es nicht, ein weiteres Mordmerkmal hinzuzufügen. In der Sensibilisierung und Rechtsanwendung liegt das Verbesserungspotenzial aus unserer Sicht. Die höchstrichterliche Rechtsprechung zu den schon jetzt geltenden Mordmerkmalen „aus niedrigen Beweggründen“ und „heimtückisch“ bedarf einer stärkeren geschlechtsspezifischen Orientierung an der Istanbul-Konvention.[1]
Auch setzen die Erweiterung des Mordparagrafen und eine Strafverschärfung für eine gewaltbetroffene Frau zeitlich viel zu spät an.
Ansonsten zeugt die vorgeschlagene Hinzufügung „unter Ausnutzung der körperlichen Überlegenheit“ als Qualifikations- bzw. Mordmerkmal bei der gefährlichen Körperverletzung, dem schweren Raub und bei Mord, von einem missverstandenen Einsatz für gewaltbetroffene Frauen und vulnerable Gruppen, weil es das Stereotyp vom „schwachen Geschlecht“ verstetigt. Geschlechtergerechtigkeit muss grundsätzlich anders adressiert und verstanden werden.
Elektronische Fußfessel nicht als Allheilmittel
Darüber hinaus ist die im Gesetzesantrag vorgeschlagene Einführung einer elektronischen Fußfessel (Elektronische Aufenthaltsüberwachung) zur Durchsetzung von Kontakt-, Näherungs- und Betretungsverboten nach dem Gewaltschutzgesetz in dem Entwurf nicht ausreichend durchdacht und ausformuliert. FHK begrüßt zwar grundsätzlich die Überlegungen zur Prävention geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt, sieht die mögliche Einführung aber nur als „flankierende“ Präventionsmaßnahme, die zuvor in einem Modellprojekt auf ihre Umsetzungsmöglichkeiten und Wirksamkeit geprüft werden muss. FHK verweist in diesem Sinne auf die umfangreiche Stellungnahme des djb in Bezug auf den genannten Gesetzesentwurf.
Frauen müssen endlich wirksam vor Gewalt geschützt werden! Alle Parteien müssen jetzt an einem Strang ziehen, um wirksame Reformen umzusetzen.
Forderungen von FHK
Zu dem lange geforderten Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt, der Notwendigkeit einer ausreichenden bedarfsgerechten Finanzierung des Hilfesystems und Verbesserungen in der Umsetzung bestehender rechtlicher Möglichkeiten liegen von der CDU/CSU Fraktion bisher keine Vorschläge vor.
FHK appelliert deswegen an alle politischen Entscheidungsträger*innen,
- die steigenden Zahlen endlich ernst zu nehmen,
- den Vorgaben durch die Istanbul Konvention und der vor kurzem verabschiedeten „Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“ nachzukommen sowie
- über Parteigrenzen hinweg das geplante Gewalthilfegesetz noch in diesem Jahr auf den Weg zu bringen,
um so den den Schutz von Frauen und Kindern nachhaltig zu verbessern.