Pressemeldung: Bundeslagebild geschlechtsspezifische Gewalt zeigt dringenden Handlungsbedarf

Frauenhauskoordinierung fordert parteiübergreifende Unterstützung für Gewalthilfegesetz

Abbildung Pressemitteilung

Berlin, 19. November 2024. Angesichts des heute veröffentlichten Bundeslagebilds Geschlechtsspezifische Gewalt fordert Frauenhauskoordinierung e.V. (FHK) die Abgeordneten im Deutschen Bundestag parteiübergreifend dazu auf, das Gewalthilfegesetz zum Schutz gewaltbetroffener Frauen und Kinder noch in diesem Jahr auf den Weg zu bringen. Das über Jahre in Verhandlungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen vorbereitete Gesetz droht aktuell mit dem Bruch der Regierungskoalition zu scheitern.

Die Situation, die das Bundeslagebild offenbart, ist alarmierend: 360 vollendete Femizide in Deutschland sind allein für das Jahr 2023 erfasst, Tötungsversuche gar 938. Dahinter verbirgt sich eine um ein Vielfaches größere Zahl von Frauen und Mädchen, die täglich Opfer von physischer, psychischer, digitaler oder sexualisierter Gewalt werden – besonders häufig im Kontext von Partnerschaften. Die Fallzahlen: seit Jahren steigend! Dem gegenüber steht ein chronisch unterfinanziertes Hilfesystem mit überlasteten Beratungseinrichtungen und über 14.000 fehlenden Frauenhausplätzen.

„Das Bundeslagebild bestätigt, was Fachverbände seit Jahren anprangern: Wir müssen die Gewaltschutzstrukturen in ganz Deutschland dringend umfassend ausbauen, um den Schutz Betroffener zu stärken und weitere Tötungen von Frauen und Mädchen zu verhindern“, konstatiert Christiane Völz, Vorstandsvorsitzende von FHK. „Deutschland braucht einen Rechtsanspruch auf kostenfreien Zugang zu Schutz und Beratung. Mit dem Gewalthilfegesetz stehen wir vor der historischen Chance, die Sicherheit von Frauen und ihren Kindern erstmals einheitlich und im gesamten Bundesgebiet abzusichern.“

Der steinige Weg zum Gewalthilfegesetz

Seit 2018 ringen Bund, Länder und Kommunen bereits am Runden Tisch „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ um eine Lösung, um die Finanzierung von Schutz und Beratung bundesweit einheitlich und bedarfsgerecht abzusichern. Zentraler Diskussionspunkt ist dabei die finanzielle Beteiligung aller Ebenen – auch der des Bundes. 2021 dann ein Meilenstein: Erstmals wird das Vorhaben in einen Koalitionsvertrag zugesagt. Doch ein Diskussionsentwurf für das sogenannte Gewalthilfegesetz folgt erst im April 2024, ein offizieller Referentenentwurf sogar erst am 06. November – an dem Tag, an dem die Ampel-Koalition zerbricht.

Mit eigenen Gesetzesanträgen haben CDU und Linkspartei in der vergangenen Woche jedoch signalisiert, dass das Gewalthilfesetz auch über die Regierungsparteien hinaus Unterstützung finden könnte. Dafür müsste es jedoch neben dem Bundestag bis zum 20. Dezember 2024 auch noch den Bundesrat passieren. Noch kommende Woche soll der Entwurf ins Kabinett.

„Der Bruch der Regierungskoalition darf keine Absage an den Schutz von Frauen und Kindern bedeuten. Wir begrüßen, dass die Dringlichkeit einer bundesweiten Regelung für den Zugang zu Schutz inzwischen parteiübergreifend anerkannt wird“, so FHK-Geschäftsführerin Sibylle Schreiber. „Es ist unerlässlich, dass Regierung und Opposition ebenso wie Bundesländer und Kommunen jetzt an einem Strang ziehen, um das Gesetz noch in diesem Jahr zu realisieren. Sie alle tragen eine Verantwortung, die stärker wiegen muss als parteipolitische Streitigkeiten. Dieses Gesetz kann Leben retten.“

FHK appelliert an die Abgeordneten im Deutschen Bundestag sowie Entscheidungsträger*innen in Bund und Ländern, im Interesse der betroffenen Frauen und Kinder zu handeln und parteiübergreifend für eine zügige Verabschiedung Gewalthilfegesetzes einzutreten.