Berlin, 28.09.2022. Anlässlich ihres 20-jährigen Bestehens appelliert Frauenhauskoordinierung e.V. (FHK) an die Bundesregierung, endlich eine ausreichende, bundesweit einheitliche und verlässliche Finanzierung des Hilfesystems für gewaltbetroffene Frauen und Kinder auf den Weg zu bringen. Über 13.000 Frauen und mehr als 15.000 Kinder finden jedes Jahr Schutz in Deutschlands Frauenhäusern. Ein hoher Anteil an Schutzsuchenden kann jedoch aufgrund mangelnder Kapazitäten nicht aufgenommen werden. FHK setzt sich seit über zwei Jahrzehnten dafür ein, bedarfsgerechte Unterstützung für alle gewaltbetroffenen Frauen und ihre Kinder – unabhängig von Wohnort, Einkommen, Herkunft, Aufenthaltsstatus, Gesundheitszustand oder Behinderungsgrad – sicherzustellen.
FHK wurde auf Initiative der Wohlfahrtsverbände AWO Bundesverband e. V., Diakonie Deutschland, Der Paritätische Gesamtverband sowie Sozialdienst katholischer Frauen Gesamtverein e. V./Deutscher Caritasverband e. V. gegründet und unterstützt heute deutschlandweit über 260 Frauenhäuser und 270 Fachberatungsstellen bei ihrer Arbeit. Zu den zentralen Forderungen des Vereins gehört ein bundesgesetzlicher Rechtsanspruch auf Schutz.
„Seit unserer Gründung hat Frauenhauskoordinierung wichtige Fortschritte erkämpft und miterleben können – beispielsweise die Einführung des Gewaltschutzgesetzes oder die Ratifizierung der Istanbul-Konvention“, erklärt Katrin Frank, Vorstandsvorsitzende bei FHK. „Aber das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die großen Probleme, die wir schon vor zwei Jahrzehnten angeprangert haben, 2022 fast unverändert fortbestehen.“
So steht die Versorgung gewaltbetroffener Frauen in vielen Regionen nach wie vor auf wackeligen Füßen. Bundesweit fehlt es an über 14.000 Frauenhausplätzen. Die wenigsten der bestehenden Plätze sind barrierefrei. Zahlreiche Einrichtungen müssen ihre Finanzierung zudem jedes Jahr neu erstreiten und sind zu einem erheblichen Anteil von Spenden abhängig.
„Gewalt gegen Frauen wird hierzulande trotz ihrer immensen Ausmaße seit Jahrzehnten als Nischenthema behandelt, so FHK-Geschäftsführerin Heike Herold. „Wir stehen noch immer vor einem Hilfesystem mit immensen Lücken, das chronisch unterfinanziert und vielen Schutzsuchenden gar nicht oder nicht kostenfrei zugänglich ist. Wir verzeichnen alle drei Tage eine vom (Ex-)Partner getötete Frau – und haben trotzdem nach wie vor eine Rechtsprechung im Umgangsrecht, die weder Frauen noch Kinder ausreichend vor den Tätern schützt. Gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder haben keine Zeit, weitere 20 Jahre zu warten, bis sich das ändert. Der Gewaltschutz für Frauen muss jetzt nach oben auf die Agenda.“
FHK fordert daher zeitnah
- die Einführung eines bundesweiten Rechtsanspruchs auf Schutz und Hilfe bei Gewalt;
- ein Gesamtkonzept zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen, in dem Prävention von Gewalt eine tragende Rolle zukommt;
- die verstärkte Beachtung des Gewaltschutzes für Frauen und Kinder bei Sorge- und Umgangsregelungen und entsprechende Pflichtfortbildungen für alle beteiligten Berufsgruppen
- die vollständige und vorbehaltlose Umsetzung der Istanbul-Konvention sowie
- eine langfristig gesicherte und bedarfsgerechte Finanzierung von Frauenhäusern und Fachberatungsstellen, die gewährleistet, dass alle gewaltbetroffenen Frauen und Kindern bundesweit – unabhängig von Einkommen, Vermögen, Herkunft, Aufenthaltsstatus, Gesundheitszustand oder Behinderungsgrad – unbürokratischen und gleichwertigen Zugang zum Hilfesystem haben.