Die Istanbul-Konvention des Europarats ist das internationale Abkommen zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Sie definiert Gewalt gegen Frauen und Mädchen als Menschenrechtsverletzung und als Zeichen der Ungleichstellung von Frauen und Männern. Seit Februar 2018 ist die Konvention in Deutschland geltendes Recht und gibt starke Impulse für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen auf allen staatlichen Ebenen.
Die Konvention hat das Ziel, Frauen und Mädchen vor Gewalt zu schützen. Die Vertragsstaaten verpflichten sich, Gewalt gegen Frauen zu verhüten, zu verfolgen und zu beseitigen, Diskriminierung von Frauen zu verhindern und die Rechte von Frauen zu stärken.
Um diese Ziele zu erreichen, muss ein ganzheitliches Konzept mit umfassenden politischen und rechtlichen Maßnahmen entwickelt werden. Koordinierungsstellen sollen sicherstellen, dass Maßnahmen aufeinander abgestimmt und nichtstaatliche Organisationen sowie die Zivilgesellschaft einbezogen werden. Die Einrichtung dieser Stellen steht noch aus.
Die unterzeichnenden Staaten sichern zu, umfangreiche Maßnahmen zur Prävention und Sanktionierung von Gewalt und zum Gewaltschutz zu treffen. Eine unabhängige Monitoring-Stelle im jeweiligen Vertragsstaat prüft regelmäßig, wie wirksam die einzelnen Schritte sind. Diese Stelle muss in Deutschland noch aufgebaut werden.
Kontrolliert wird die Konvention durch eine unabhängige Expert*innengruppe (GREVIO), die Berichte und Informationen aller Beteiligten auswertet und dem Vertragsstaat Empfehlungen zur Umsetzung der Konvention gibt. Am 07. Oktober 2022 veröffentlichte GREVIO den ersten Evaluationsbericht zur Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland. Darin bescheinigt GREVIO der Bundesrepublik gravierende Defizite beim Schutz von Frauen. Zahlreiche Anforderungen der Istanbul-Konvention sind laut Bericht nicht erfüllt.
Artikel 13 der Istanbul-Konvention verpflichtet die Vertragsstaaten, eine oder mehrere offizielle Stellen einzurichten, die für die Koordinierung, Umsetzung, Beobachtung und Bewertung der Maßnahmen gegen geschlechtsspezifische Gewalt zuständig sind. Zudem fordert Artikel 14 der Konvention umfassende Datensammlung und Forschung zum Thema.
Im November 2022 hat deshalb die sogenannte Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt ihre Arbeit aufgenommen. Diese ist am Deutschen Institut für Menschenrechte angesiedelt und für das Monitoring geschlechtsspezifischer Gewalt in Deutschland zuständig.
Einige Bundesländer haben zudem Stellen eingerichtet, die die Maßnahmen zur Umsetzung der Istanbul-Konvention koordinieren sollen. Die erforderliche Koordinierungsstelle auf Bundesebene fehlt jedoch nach wie vor.
Frauenrechtsorganisationen und weitere Bundesverbände mit dem Arbeitsschwerpunkt „Gewalt gegen Frauen in Deutschland“ haben sich im Bündnis Istanbul-Konvention zusammengeschlossen. Sie begleiten die Umsetzung der Istanbul-Konvention und treiben sie voran. Frauenhauskoordinierung beteiligt sich aktiv am Bündnis.
Zum Inkrafttreten der Konvention in Deutschland am 1. Februar 2018 forderte FHK, dass der Vorbehalt der Bundesregierung gegen den Artikel 59 zurückgenommen wird und das Aufenthalts- und Asylrecht so geändert werden, dass der Gewaltschutz für alle Migrant*innen sichergestellt wird.
Text der Istanbul-Konvention (Deutsche Version)
GREVIO-Bericht zum Stand der Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland (Oktober 2022)
Alternativbericht des Bündnis Istanbul-Konnvention zum Stand der Umsetzung der Konvention in Deutschland, 2021
Überblick über Inhalte und Empfehlungen zur Umsetzung, Deutsches Institut für Menschenrechte