FHK-Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Überarbeitung des Sanktionenrechts

FHK begrüßt die geplanten Strafschärfungen für „geschlechtsspezifische oder gegen die sexuelle Orientierung gerichtete“ Beweggründe und Ziele des Täters, regt jedoch an, frauenfeindliche und antifeministische Motive ebenfalls ausdrücklich zu benennen.

Titelseite Stellungnahme zum Gesetzesentwurf zur Überarbeitung des Sanktionsrechts

Frauenhauskoordinierung (FHK) bedankt sich für die Gelegenheit einer Stellungnahme zu o.g. Gesetzesentwurf. Dabei beschränken wir uns auf die vorgesehene Änderung der Strafzumessungsregeln in § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB aus der Perspektive gewaltbetroffener Frauen.

FHK begrüßt die Erweiterung des Katalogs der Strafschärfungen um „geschlechtsspezifische oder gegen die sexuelle Orientierung gerichtete“ Beweggründe und Ziele des Täters ausdrücklich.

Damit folgt der Gesetzgeber den Vorgaben des Koalitionsvertrags 2021-2025 zwischen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, denen der Artikel 43 und 46 Abs 1 (a) der Istanbul-Konvention sowie zur Erreichung von Ziel 5 der Agenda 2030 der UN für eine nachhaltige Entwicklung („Geschlechtergleichstellung erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen“).

In der Begründung setzt sich der Entwurf kritisch mit der bisher in der Rechtsprechung vorzufindenden Strafmilderung bei Sexualstraftaten in Intimbeziehungen und den sog. Trennungstötungen auseinander, um dann die Notwendigkeit der Gesetzesänderung zu betonen. Auch die besondere Betroffenheit von Frauen durch Hassrede, die durch sexualisierte und frauenfeindliche Anfeindungen angereichert ist, wird erfasst. Allerdings von nur „Pöbeleien“[1] (S. 16, 3. Absatz) auszugehen, wird der massiven sexistischen Belästigung in diesen Fällen sprachlich nicht gerecht. Auch und gerade in digitalen Medien erfolgen hier erhebliche Angriffe in Form von Beleidigungen und Stalking bis hin zu ernst zu nehmenden Drohungen mit dem Tod. Das sind also strafrechtlich relevante Handlungen, die deshalb nicht abgemildert werden dürfen.

Der Begriff „geschlechtsspezifisch“ sollte ergänzt werden, geht es doch – wie die Entwurfsbegründung zeigt – um Taten, die überproportional gegen Frauen verübt werden. Es bedarf der Erläuterung, dass sich die Tat gegen eine Frau richtet, weil sie eine Frau ist oder aus Sicht des Täters eine geschlechtsbezogene Ungleichwertigkeit bzw. Über- und Unterordnung besteht. Den übrigen schon im Gesetz genannten Begriffen folgend sollte „antifeministisch“ oder „frauenfeindlich“ hinzugefügt werden:

… die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische, geschlechtsspezifische, insbesondere auch antifeministische oder frauenfeindliche, gegen die sexuelle Orientierung gerichtete oder sonstige menschenverachtende,

Die Anwendung des Paragraphen im Sinne gewaltbetroffener Frauen hängt wesentlich von einer begleitenden juristischen Aus- und Fortbildung ab, die Inhalte zu Grundlagen und Auswirkungen von geschlechtsspezifischer Gewalt enthält.

Durch die vorgesehenen Änderungen müssen auch die Vorschriften der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV), Nummern 15 Abs. 5, 86 Abs. 2 und 234 Abs. 1, angepasst werden.

 


[1]https://www.openthesaurus.de/synonyme/P%C3%B6belei: Flegelei, Flegelhaftigkeit, Grobheit, Krawallmacherei, provokantes Auftreten, Rowdytum, Rüpelei, Rüpelhaftigkeit (aufgerufen am 03.08.2022)