Wo bleiben wirksame Gegenmaßnahmen? Weiterer Anstieg von Gewalt gegen Frauen laut BKA-Lagebildern zu Häuslicher und Geschlechtsspezifischer Gewalt

Häusliche Gewalt und geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Gewalt steigt in Deutschland um weitere 3,8 Prozent an und erreicht damit einen neuen Höchststand.

Am Freitag, 21. November 2025, stellten Holger Münch, der Präsident des Bundeskriminalamt (BKA), zusammen mit Alexander Dobrindt, Bundesminister für Inneren, und Karin Prien, Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend die Bundeslagebilder zu Häuslicher Gewalt und zu geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten für das Jahr 2024 vor. 

Demnach waren im vergangenen Jahr 265.942 Menschen, davon mehr als 73 Prozent weiblich, von Häuslicher Gewalt betroffen – ein Anstieg um 3,8 Prozent und somit ein neuer, trauriger Höchststand. Im Fünfjahresvergleich beträgt der Anstieg sogar fast 18 Prozent. 

132 Frauen und 24 Männer wurden im Jahr 2024 durch ihre Partner*innen getötet. Im Kontext der Partnerschaftsgewalt generell waren 80 Prozent der Betroffenen weiblich. Rund ein Viertel der Betroffenen von Partnerschaftsgewalt erlebt diese mehrfach. Zudem erleben die Betroffenen von Partnerschaftsgewalt oft mehrere verschiedene Gewaltformen. 

Doch diese Zahlen sind nur die Spitze des Eisbergs, denn sowohl im Bereich der Partnerschaftsgewalt, also auch bei sexualisierter und digitaler Gewalt wird der Großteil der Taten nicht angezeigt: Die Anzeigequote liegt meist unter zehn Prozent, bei Partnerschaftsgewalt sogar unter fünf Prozent. Das zeigen erste Ergebnisse der Dunkelfeld-Studie „Lebenssituation, Sicherheit und Belastung im Alltag (LeSuBiA)“, die in ein paar Wochen veröffentlicht werden soll. 

Von innerfamiliärer Gewalt sind am stärksten Kinder zwischen 6 und 14 Jahren betroffen. Dies spiegelt sich auch im Alltag in Frauenhäusern – dort wohnen mehr Kinder als Frauen, da 60 Prozent der Frauen mit ihren Kinder ins Frauenhaus kommen. Kinder, die diese Gewalt miterleben, sind häufig traumatisiert und benötigen schnell fachgerechte Unterstützung. Doch nicht alle Frauenhäuser sind dafür entsprechend ausgestattet. Oft fehlt es an kindgerechten Räumlichkeiten und Fachkräften. 

 

Fußfessel ist kein Allheilmittel, sie wird nur einem Bruchteil der Betroffenen helfen

 

Der am Mittwoch, 19. November 2025, vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf zur Einführung einer elektronischen Aufenthaltsüberwachung wurde bei der Vorstellung der Bundeslagebilder als eine starke Maßnahme angepriesen, um die Zahlen in Zukunft zu senken. Doch bis die elektronische Aufenthaltsüberwachung überhaupt zum Einsatz kommen kann, muss die Gewaltspirale schon massiv fortgeschritten sein. 

Die Fußfessel kann also nicht als Allheilmittel gegen Häusliche oder Geschlechtsspezifische Gewalt gesehen werden – und sie wird auch nicht jeden Femizid verhindern. 

 

Erneut starker Anstieg von Digitaler Gewalt erfordert zusätzliche Kompetenzen im Hilfesystem

 

Auch die Anzahl der Betroffenen von digitaler Gewalt im Kontext von Partnerschaftsgewalt stieg gegenüber dem Vorjahr um 10,9 Prozent. Die Zahlen bestätigen die Erfahrungen von FHK: Digitale Gewalt macht auch vor dem Frauenhaus keinen Halt. Durch GPS-Tracker, Stalkerware und soziale Medien werden gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder auch dort noch verfolgt.  Das gefährdet auch den oft geheimen Schutzort an sich. 

FHK bietet Fortbildungen für Fachkräfte in Frauenhäusern an. Darin lernen sie etwa, Stalking-Apps zu erkennen, Geräte zu sichern und Betroffene besser zu schützen. Doch dieses wichtige FHK-Projekt wird ab Mitte 2026 nicht weiter finanziert.

Insgesamt muss ein jahrzehntelang chronisch unterfinanziertes Hilfesystem endlich strategisch im Verbund von Bund, Ländern und Kommunen sowie über Parteigrenzen hinweg aufgebaut und langfristig bedarfsgerecht finanziert werden. 

Für die alltägliche Gewalt gegen Frauen und Kinder in unserer Gesellschaft sind wir alle verantwortlich!


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