Unter dem Blickwinkel gewaltbetroffener Frauen und ihrer Kinder begrüßt Frauenhauskoordinierung e.V. (FHK), dass das BMJ endlich für Fälle häuslicher Gewalt für Klarheit sorgen will. Die Forderung „Gewaltschutz vor Umgangsrecht“ soll eindeutig geregelt werden. Die Vorgaben der Istanbul-Konvention werden damit auch im deutschen Kindschaftsrecht umgesetzt.
Insbesondere begrüßt FHK, dass ein gemeinsames Sorgerecht weder bei Gewalt gegenüber dem Kind noch bei Partnerschaftsgewalt weiter ausgeübt werden darf.
„Einer langjährigen Forderung wird damit entsprochen,“ so Vorstandsvorsitzende Christiane Völz. „In der gesetzlichen Regelung sollte verdeutlicht werden, dass damit konkret der Entzug eines bestehenden Sorgerechts verbunden sein muss!“
Zudem wird der Fall einer konkreten Gefährdung des gewaltbetroffenen betreuenden Elternteils und mitbetroffener Kinder bei Umgängen ausdrücklich benannt. Dadurch wird endlich anerkannt, dass nicht nur eine etwaige Gewaltbetroffenheit des Kindes ausschlaggebend für das Umgangsrecht sein sollte, sondern Kinderschutz nur durch wirksamen Frauengewaltschutz ermöglicht werden kann. FHK fordert darüber hinaus, eine verpflichtende Teilnahme an Täterprogrammen als Voraussetzung für Umgänge in der geplanten Reform zu verankern.
FHK begrüßt zudem ausdrücklich die in der Reform geplante Stärkung der Kinderrechte durch Mitentscheidungsbefugnisse und eine Stärkung der Rechtsposition von Kindern im Sinne einer kindgerechten Justiz. Auch die Absicht einer Schärfung des Kindeswohl-Begriffs ist insbesondere im Hinblick auf eine Anerkennung des Miterlebens häuslicher Gewalt als Form der Gewalt gegen Kinder begrüßenswert. Hier sollte nicht zwischen direkter und indirekter Gewalt gegen Kinder unterschieden werden, sondern den wissenschaftlichen Erkenntnissen zu den psycho-sozialen Folgen und Auswirkungen bei kindlicher Zeug*innenschaft von Partnerschaftsgewalt Rechnung getragen werden.
In der geplanten Anordnung einer Umgangspflegschaft sieht FHK jedoch keine Schutzmaßnahme, sondern eine Gefahr einer weiteren Traumatisierung oder Beeinflussung der mitbetroffenen Kinder sowie einer Gefährdung der beteiligten Personen in den Übergabesituationen.
Bei aller positiver Beurteilung der geplanten Neuerungen in Bezug auf die Ermittlungspflicht bei häuslicher Gewalt, Entzug des Sorgerechts und Einschränkung bzw. Aussetzung des Umgangs inklusive Risikoanalyse für das gewaltbetroffene Elternteil ist allerdings Aufmerksamkeit geboten: Die übrigen Regeln sind von der Grundannahme gemeinschaftlicher Elternverantwortung und geteilter Sorgearbeit einschließlich weiterer sozialer Bezugspersonen getragen. Diese Modelle dürfen nicht wie bisher mit einem hohen Einigungsdruck auf Fälle häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt übertragen werden.