Die Istanbul-Konvention praktisch nutzen

Mit insgesamt vier Workshops wollen FHK und bff die Fachpraxis im Umgang mit der Istanbul-Konvention unterstützen. Den Auftakt bildete die Veranstaltung „Die Istanbul-Konvention praktisch nutzen. Chancen und Umsetzungsbedarfe“ am 24. Oktober 2019 in Frankfurt am Main.

Unter dem Motto „Die Istanbul-Konvention praktisch nutzen // Chancen und Umsetzungsbedarfe“ versammelten FHK und bff am 24. Oktober 2019 insgesamt 50 Teilnehmer_innen aus Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen. Die Veranstaltung in Frankfurt am Main war der erste von vier geplanten Workshops zu Bedeutung und Umsetzung der Istanbul-Konvention in der Fachpraxis. Zwei weitere Workshops sind für das Jahr 2020 geplant, die Abschlussveranstaltung ist für 2021 vorgesehen.

 

Auftakt mit Johanna Nelles (Europarat): Zu viel Dichte ist kontraproduktiv

In ihrem Einführungsvortrag mit dem Titel „Die Bedeutung der Istanbul-Konvention: Erfahrungen mit der Umsetzung und dem Überprüfungsmechanismus“ gab Johanna NellesReferentin der Abteilung Gewalt gegen Frauen im Europarat, einen pointierten Überblick über den Inhalt und die Effekte der Konvention. Die Konvention befördere den Aufbau neuer Angebote, nationale Aktionspläne, Finanzierung von Angeboten und Rechtsreformen. Sie bewirke hingegen noch zu wenig beim Verständnis für geschlechtsspezifische Gewalt und den vielfältigen Gewaltformen. Die Referentin berichtete von den bereits in anderen Staaten erfolgten Evaluierungen. Des Weiteren hat sie anschaulich den GREVIO-Prozess erläutert und Tipps zur Unterstützung des Ausschusses gegeben. Ein zu verdichteter Schattenbericht mit dem Anspruch, alles unterzubringen und nur Konsensfähiges zu benennen, sei – so Nelles – unter Umständen kontraproduktiv, weil er für Außenstehende nicht mehr zu verstehen sei. Sie empfiehlt daher, durchaus auch verschiedene Berichte und Positionen vorzutragen, da der Ausschuss dann verschiedene Ansatzpunkte zum Nachfragen hat.

Link für weitere Informationen finden sich unter https://www.coe.int/en/web/istanbul-convention/home.

 

Die Konvention in die Praxis übersetzen

In AGs konnten die Teilnehmenden zwei unterschiedliche Themenkomplexe bearbeiten:

  1. Was bedeutet bedarfsgerechte Versorgung gewaltbetroffener Frauen vor dem Hintergrund der Istanbul-Konvention? (Input: Petra Kaps, ZEP – Zentrum für Evaluation und Politikberatung, Wissenschaftliche Begleitung des Bundesmodellprojektes „Bedarfsanalyse und –planung zur Weiterentwicklung des Hilfesystems zum Schutz vor Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“)
  2. Die Istanbul-Konvention als Chance für die Durchsetzung der Rechte von geflüchteten Frauen und Migrant*innen (Input: Barbara Wessel, Rechtsanwältin für Migrationsrecht und Familienrecht, Berlin).

In dem Workshop mit Frau Kaps ging es um Fragen der Bedarfsermittlung und der Definition von Bedarfen. Aus wissenschaftlicher Perspektive beschrieb sie die letztlich immer noch fehlenden Grundlagen einer solchen Ermittlung. Im Laufe der Diskussion entwickelten die Teilnehmenden verschiedene Vorgehensweisen und Umsetzungsmodelle, die der Beförderung der Verbändediskussionen dienen können. Relevant waren Fragen wie: Was ist ein Platz? Was ist eine Beratungseinheit? Was gehört zu den Aufgaben eines Hilfesystems dazu? etc.

Der von Barbara Wessel geleitete Workshop befasste sich mit dem Vorbehalt aus Art. 59 der IK und Forderungen für Migrant_innen, z.B. mit der Berücksichtigung von geschlechtsspezifischen Fluchtgründen.

 

Die Workshopreihe geht am 02. April 2020 in Bremen unter Federführung von Frauenhauskoordinierung in die nächste Runde.