Formen digitaler Gewalt - Übersicht

Formen von digitaler Gewalt, die häufig in Frauenhäusern auftreten

Leider gibt es bisher keine deutschlandweite Studie, welche genau aufzeigt, wie häufig die verschiedenen digitalen Gewaltformen im Frauenhauskontext auftreten. Laut Erfahrungsberichten aus Frauenhäusern sind die primär vorkommenden digitalen Gewaltformen bei Bewohner*innen von Frauenhäusern und ihren Kindern:

 

Cyberstalking1:

Eine einzelne Person stellt der Betroffenen wiederholt über einen längeren Zeitraum gegen ihren Willen über digitale Medien nach. Cyberstalking kann sich über viele Lebensbereiche erstrecken und unterschiedliche digitale Gewaltformen beinhalten:

  • Unerwünschte Kontaktaufnahme (oft über Kinder):Betroffene erfahren nicht erwünschte Kontaktaufnahmen, Belästigungen, Bedrohungen oder Terrorisierung (über Anrufe, Nachrichten, SMS, Messenger, E-Mails etc.)
  • Ortung und Überwachung (oft über Kinder): Durch Ortung und Überwachung ist das Auffinden der Betroffenen möglich und somit auch ihre physische Sicherheit in Gefahr. Geortet und überwacht werden kann durch:
  • Stalkerware: Eine Überwachungssoftware auf dem Smartphone der Betroffenen, vom Gefährder installiert (mögliche Funktionen: Ortung, Mitlesen von Nachrichten, Überwachung über Kamera und Mikrofon).
    • Tracking-Gegenstände
    • Zugriff auf Online-Dienste 
    • Körpernahe smarte Geräte 
    • Fotos/Videos 
    • Videospiele
  • Identitätsmissbrauch und -diebstahl: Personenbezogene Daten der Betroffenen werden durch den Gefährder missbräuchlich verwendet, z.B. wenn er mit ihrem Namen und ihren Kontodaten Waren bestellt.
  • Veröffentlichung intimer Fotos oder Videos (auch: Revenge Porn, bildbasierte Gewalt):   Intime Fotos oder Videos werden auf sozialen Medien veröffentlicht oder an Freund*innen, Kolleg*innen, Familienmitglieder der Betroffenen weitergeleitet. Auch die Androhung der Veröffentlichung und Erpressung damit (sog. Sextortion) ist digitale Gewalt.
  • Unerwünschte Posts in den sozialen Medien (auch: Digitale Diffamierung): Wenn der Gefährder Gerüchte, Beschimpfungen, Rufschädigungen, Bloßstellungen oder Beleidigungen über soziale Medien wie bspw. Facebook oder Instagram verbreitet.
  • Fake-Profile in den sozialen Medien: Der Gefährder legt Fake-Profile (Profile mit gefälschten Identitäten, Bildern, Statements) in sozialen Medien an. Ziel: Verbreiten von Falschaussagen oder Manipulationen, Gerüchte streuen, Vermissten-Anzeige aufgeben mit dem Ziel, den Aufenthaltsort der Betroffenen herauszufinden.

Cybermobbing:

Ein Gruppenphänomen, das häufig von einem Initiator ausgeht, der jedoch schnell Unterstützung findet. Ziel ist es zu beleidigen, zu demütigen, bloßzustellen oder aus einem Gruppengefüge auszuschließen. Meist kommt im Frauenhauskontext die Sonderform der Verfolgung durch kriminelle Großfamilien und Gemeinschaften vor, bei der sich Cyberstalking und Cybermobbing vermischen. Mehrere Mitglieder einer Familie oder Gemeinschaft handeln aus starker eigener innerer Motivation heraus und unterstützen sich bei ihrem Vorgehen gegenseitig, was das Gefahrenpotential erhöht.2

 

Formen von digitaler Gewalt, die nicht primär in Frauenhäusern, aber in Fachberatungsstellen oder Interventionsstellen auftauchen können

  • Überwachung zu Hause: Wenn das (ehemals) gemeinsame Zuhause durch (versteckte) Mini-Kameras, Mikrofone oder durch Hacken des WLAN-Routers überwacht wird.

  • Smart-Home-Technologien: Mittels Smart-Home-Technologien kann das Zuhause überwacht oder Betroffene gestalkt und terrorisiert werden, z. B. durch das permanente Hoch- und Herunterfahren von Rollläden in der Nacht.
  • Heiratsschwindel, Love/Romance Scamming: Betrüger nimmt über ein gefälschtes Profil in sozialen Netzwerken oder Online-Partnerbörsen Kontakt mit der Betroffenen auf umGeld zu erhalten.3
  • Doxing: Sammeln und Veröffentlichen von personenbezogenen Daten im Internet mit dem Ziel der Einschüchterung, Drohung oder Belästigung.4
  • Cybergrooming: Sexuelle Belästigung einer Minderjährigen durch Pädokriminelle (falsche Identität).5
  • Cyberharassment: Das ungewollte Empfangen von Nachrichten mit sexuellem oder pornographischem Inhalt.6
  • Hatespeech: Digitale Form der Menschenfeindlichkeit, die sich gegen eine Person richtet, die einer bestimmten Gruppe zugeordnet wird.7
  • schung von Dokumenten: Gezieltes und aktives Löschen wichtiger Dokumente von Geräten der Betroffenen (z.B. Arbeitsunterlagen) durch Hacken, Überwachungssoftware oder vorhandene Zugangsdaten.8

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Hier finden Sie die die Infografik zu den verschiedenen Formen von Cyberstalking zum Download 

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[1] Begriffliche Abgrenzung zwischen Cyberstalking und Cybermobbing nach Sandra Cegla, SOS-Stalking: https://www.sos-stalking.berlin/
[2] Definition nach Sandra Cegla, SOS-Stalking: https://www.sos-stalking.berlin/
[3] Hilfetelefon: Gewalt gegen Frauen. Digitale Gewalt: https://www.hilfetelefon.de/gewalt-gegen-frauen/digitale-gewalt.html
[4] Aktiv gegen digitale Gewalt. Was ist Doxing?: https://www.aktiv-gegen-digitale-gewalt.de/de/digitale-gewalt/doxing/was-ist-doxing.html
[5] Hilfetelefon: Gewalt gegen Frauen. Digitale Gewalt: https://www.hilfetelefon.de/gewalt-gegen-frauen/digitale-gewalt.html
[6]  Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff): Nivedita Prasad: Geschlechtsspezifische Gewalt in Zeiten der Digitalisierung, S. 23: 
https://www.transcript-verlag.de/media/pdf/ae/e6/5f/oa9783839452813ODg12KuStkYwB.pdf
[7] Hilfetelefon: Gewalt gegen Frauen. Digitale Gewalt: https://www.hilfetelefon.de/gewalt-gegen-frauen/digitale-gewalt.html
[8] Frauen gegen Gewalt (bff): Expertise: Fachberatungsstellen und die Digitalisierung geschlechtsspezifischer Gewalt (2017), S. 5: https://www.frauen-gegen-gewalt.de/de/studien-und-positionspapiere/expertise-fachberatungsstellen-und-die-digitalisierung-geschlechtsspezifischer-gewalt.html